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Best Case Kolumne Teil 3: Concert Couture

Vielleicht ist dieser dritte Teil unserer Kolumne einfach ein kleines Dankeschön an die TikTok-Generation, vielleicht auch ein ermutigender Aufruf an Gen X oder eben doch nur der Abgesang auf Metal-Shirts über Dreiviertelhosen. Aber fangen wir vorne an …

Kathrin Hanisch
03. November 2022

Es war einmal ein kleines, sehr anhängliches Virus mit seinen anfänglich unzähligen Namen und später seinen fast unzählbaren Mutationen. Es legte die Club- und Konzertszene lahm und sorgte zeitgleich dafür, dass wir uns zuhause in unserer feinsten Homewear verkrochen. (Gut, dass Karl Lagerfeld das nicht mehr erleben musste.) Nachdem es ein Jahr vor sich hin gewütet hatte und wir den Ticketstapel für verschobene Konzerte fast vergessen hatten, war da plötzlich der Frühling 2022 und die ersten Clubs und Hallen öffneten wieder ihre Tore.

 

Gut gelaunte, motivierte Künstler:innen und mindestens genauso fröhliche Konzertbesucher:innen schoben sich durch Sicherheitsschleusen und an Ordnern vorbei. Shirt über Jeans, Hemd über Jeans, Jeanshemd über schwarzer Hose, schwarze Jeans über Doc Martens, kurze Jeans über Vans, Vans zum Shirt, viel schwarzes Shirt, weniger weißes Shirt, sehr viel Band-Shirt, manchmal Band-Shirt von anderer Band … und mittendrin plötzlich eine kleine Gruppe gerade eben erwachsen gewordener Menschen in beige mit etwas neon und etwas mehr 90er-Vibes, perfekten Haaren, tollen Fingernägeln und ausgewähltem Schmuck (jaaaaha, schon längst auch die Männer). Auf Konzerten, die eine große gemischte Altersgruppe anziehen sind diese gestylten Farbtupfer noch in der Minderheit, aber es werden mehr! Die, die in zwei Coronajahren erwachsen wurden und zuvor nur in Begleitung Erwachsener einen Fuß in ein Stadion setzen durften, feiern endlich die (für sie neuen) Möglichkeiten. Man könnte jetzt mit den Schultern zucken und sagen: Ja, und? Man könnte sich aber auch fragen, warum wir uns nicht alle etwas mehr Mühe geben, wenn wir auf Konzerte gehen.

I’m giving you Beyoncé, hold up. Yes. (Jonathan Van Ness)

Es ist doch so: Wir gönnen uns ein Konzertticket, freuen uns Wochen und Monate darauf die Künstler:innen zu sehen, die uns so wertvoll sind, dass etwas bis sehr viel Geld für eben dieses Ticket ausgegeben wurde. Dann stehen wir überpünktlich – außer man wohnt in Berlin, dann gehört es zum guten Ton jegliche Einlasszeiten zu ignorieren – am Ort des Geschehens herum und freuen uns noch viel mehr. Über das erste und zweite Bier und die oft schlechte Vorband (anderes Thema) hinweg, hat sich inzwischen freudige Nervosität ausgebreitet. Und was machen wir in all dieser Zeit, in der wir das Bier umklammernd herumstehen? Gucken! Im besten Fall gucken und die seltsamsten Gesprächsfetzen aufschnappen, über die wir dann mit den eigenen Freunden philosophieren. Währenddessen gucken wir natürlich weiter. Und wieviel toller ist gucken, wenn sich die Menschen um einen herum in Schale geworfen haben und maximal interessant aussehen? Und wie muss das erst auf die wirken, die letztendlich oben auf der Bühne stehen?

Der Gedanke, sich für sich, die Freund:innen und Künstler:innen schön zu machen und damit das Maximum aus einem Konzert herauszuholen ist alles andere als neu. In den 50ern versuchten amerikanische Frank Sinatra Fans auszusehen wie Französinnen (oder das was sie sich darunter vorstellten) – mit Haarbändern, Röcken und Söckchen. Später folgte bspw. der Glam-Rock, den man mögen kann oder nicht, aber dessen Fans definitiv Zeit in ihre Outfits investiert haben. Und man stelle sich nur mal vor, wie ein Haufen Teenager im Reifrock Johann Strauß gefeiert haben. Kate Moss soll es übrigens gewesen sein, die 2012 den Grundstein für heutige Festival-Fashion gelegt hat. Was auch immer sie sich dabei gedacht hat, als sie in (Hunter) Gummistiefeln zum halbtransparenten Glitzerkleid beim Glastonbury durch den Matsch stapfte – was zum Gucken hat sie geboten.

Danke also an alle noch nicht so lange Erwachsenen. Geht bitte weiter in ausgewählter Garderobe zu Konzerten, um Künstler:innen zu feiern. Manchmal ist das Leben eben doch eine Party! Und für alle anderen Millennials, Xennials und Gen Xler gilt: Traut euch. Lasst den Glitzer und Glamour der Bar25 neu aufleben (aber diesmal nachhaltig).

… und über die Dreiviertelhose müssen wir noch mal an anderer Stelle reden.

 

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Mehr über die von Kate Moss getragenen Festivallooks
kann man bei der Vogue lesen.