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High Five mit Andi Weiland

Andi Weiland arbeitet beim Sozialhelden e.V. und als Fotograf u.a. für Gesellschaftsbilder. Wir wollten von ihm wissen, wie wir alle bessere ​​Lösungen für mehr Teilhabe und Barrierefreiheit finden können und was ihn besonders an seinen beiden Berufen begeistert.

Fotograf Andi Weiland in Aktion

Mila Haegele
26. April 2022

Herzlich willkommen zu High Five mit Andi Weiland – los geht’s!

1. Du arbeitest hauptberuflich bei Sozialhelden e.V. als Projektleiter. Nebenbei bist du erfolgreich als Fotograf aktiv; dabei liegt dein Fokus auf authentischer Porträtfotografie und Dokumentation – wie kam es, dass du auch als Fotograf arbeitest?

Bei den Sozialheld*innen habe ich lange Zeit die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit geleitet und gemeinsam mit dem Team haben wir uns oft die Frage gestellt, wie wir konstruktiv und Themen kommunizieren können. Diese Frage der „Geschichten”, die wir erzählen wollen, haben wir dann mit visuellen Mitteln wie Grafiken (wir haben eine großartige Grafikerin, die vielen Projekten ihren Stil gibt), Fotos und Videos umgesetzt. Mit der Frage nach dem Storytelling im Hinterkopf habe ich dann auch meine Art der Fotografie verstanden, also wie man einfach und modern Themen und Menschen in Szene setzen kann.

Porträtfoto zeigt den Fotografen Andi Weiland

Foto: Luis Alvarez

2. Du hast die Fotodatenbank Gesellschaftsbilder.de mit ins Leben gerufen – für Bilder fernab von Klischees und für neue Perspektiven. Wie läuft die Plattform an, seht ihr Erfolge in der Medienlandschaft?

Gesellschaftsbilder.de wird gut aufgenommen, weil das Problem immer mehr Menschen verständlich wird:

Eine Gesellschaft besteht nicht nur aus einer homogenen Gruppe, sondern ist vielfältig und das sollte auch abgebildet werden.

Wir haben dazu den Mehrwert, dass unsere Models authentisch sind. Bei uns wird keine Behinderung „gespielt” in dem einfach eine Person in den Rollstuhl gesetzt wird oder eine dunkle Sonnenbrille aufsetzt, sondern unsere Models sind Expert*innen in eigener Sache und beteiligen sich durch ihre Erfahrungen am Entstehungsprozess. Medien wie zeitonline oder die Taz nutzen unsere Fotos und es kommen immer mehr Anfragen, was uns sehr freut. Leider sind wir darin limitiert, dass wir nicht so viele neue Bilder produzieren können, wie wir eigentlich wollen, was zum einen an der Pandemie lag und zum anderen an der Finanzierung. Viel trägt da der gemeinnützige Verein Sozialheld*innen und auch Fotograf*innen und Models kommen uns sehr entgegen.

Andi Weiland fotografiert eine Frau im Rollstuhl

Andi Weiland fotografiert eine Frau im Rollstuhl

Fotos: Jörg Farys

3. Welches deiner Fotoprojekte hat dich zuletzt besonders begeistert bzw. berührt?

Ein Projekt, was mich sehr nachdenklich gemacht hat und mich immer noch nicht loslässt, war das Thema Gewalt an Menschen mit Behinderung, wozu die Fürst Donnersmarck-Stiftung ein ganzes Magazin dazu gemacht hat. Hier haben wir versucht Bilder zu schaffen, abstrakt und eindeutig zugleich sind, weil das Thema leider mehr besprochen werden muss. Auf der anderen Seite begeistern mich immer wieder die inklusiven Stücke und Aktionen des Rambazamba Theater, die ich gerne fotografiere, weil sie inhaltlich und visuell sehr stark sind. Gerade suchen wir für ein zukünftiges Projekt zum Thema Arbeit und Behinderung noch Models mit und ohne Behinderung, also da kann man sich gerne bei mir melden.

4. Was würdest du dir von Unternehmen in Sachen Inklusion verstärkt wünschen?

Als Erstes wäre es schön, wenn mehr Menschen mit Behinderung in Unternehmen wirklich angestellt werden. Bedauerlicherweise arbeiten viele mit Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM) zusammen, weil sie glauben, dass das etwas Gutes ist. Aber da werden die Beschäftigten mit Behinderung meist miserabel bezahlt, ungefähr 2 Euro die Stunde. Insbesondere Start-ups, die gerne ihre Produkte „sozial” produzieren lassen wollen, arbeiten mit WfbM zusammen und wissen nicht, wie die Arbeitsbedingungen sind. Da muss auch mehr auf Aktivist*innen und Expert*innen mit Behinderung zugehört werden. Wir haben dazu auch Expert*innen bei uns im Verein und da würde ich mir wünschen, gerne mal bei unserem Projekt JOBinklusive vorbeizuschauen. 😉

5. Und was kann oder sollte jede*r als Einzelperson versuchen?

Zuhören ist vielfach ein guter Anfang. Bei Instagram gibt es beispielsweise viele Menschen mit Behinderung, die ihre Perspektiven sehr gut darstellen, beispielsweise Ashducation, durch den ich schon viel gelernt habe. Die Barrieren von denen viele (schon sehr lange) erzählen, können wir auch mit abbauen, beispielsweise wenn es um Alternativtexte bei Fotos geht, da hat jedes Social Media Netzwerk irgendwo einen Bereich für Bildbeschreibung und wenn man diese ausfüllt, ist das ein kleiner Schritt zu mehr Barrierefreiheit. Und wer noch mehr erfahren will, der*die kann auch gerne bei dem Podcast von Die Neue Norm reinhören, was es beispielsweise mit „Inspiration Porn” oder „Crip Time” auf sich hat.

Headerfoto: Jörg Farys

andiweiland.de
instagram.com/ohrenflimmern

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